Generalsuperintendent: Johann Friedrich Möller
Von 1797 an versah in Stotternheim ein Johann Melchior Möller den Pfarrdienst an der evangelischen Kirche, der zuvor in Erfurt als Pfarrer tätig gewesen war. Dieser Pfarrer entstammte einer Pastorenfamilie und war mit der Tochter eines Generalsuperintendenten aus Saalfeld verheiratet. Zur Familie Möllers gehörte auch sein am 13. November 1789 in Erfurt geborener Sohn Johann Friedrich. In einem biographischen Lexikon heißt es, dass er in Stotternheim von seinem Vater den ersten Unterricht erhalten habe. Einige Jahre wird er bei seiner Familie in unserem Ort gelebt haben dann bis zum Tod seines Vaters 1824 sicherlich gelegentlich hier gewesen sein.
Das wäre nicht weiter erwähnenswert, wenn dieser Johann Friedrich Möller nicht eine Karriere gemacht hätte, die ihn schließlich bis in das Amt des Generalsuperintendenten der damals preußischen Kirchenprovinz Sachsen führen sollte. Zu dieser Kirchenprovinz gehören bis auf unsere Tage große Teile Thüringens, unter anderem die Propstei Erfurt. Preußen war seinerzeit politisch wie kirchlich in mehrere Provinzen eingeteilt, aus denen sich nach seiner Auflösung 1947 selbständige Länder und Landeskirchen bildeten. In gewissem Sinn war Möller damit ein Vorgänger des Magdeburger Bischofs Axel Noack. Tatsächlich führten einige der Generalsuperintendenten schon zur Amtszeit Möllers den Bischofstitel.
Johann Friedrich besuchte das Ratsgymnasium in Erfurt und studierte anschließend in Göttingen Theologie. 1814 kehrte er nach Erfurt zurück und hatte in den nächsten Jahren verschiedene Ämter in unterschiedlichen Aufgabenbereichen inne. So unterrichtete er am Erfurter Lehrerseminar und war erst Diakon und schließlich Pfarrer an der Barfüßerkirche. Von 1832 an konnte er als Konsistorialrat in Erfurt auch Erfahrungen in einer Kirchenverwaltung sammeln. In jene Jahre fielen heftige Auseinandersetzungen mit den Alt-Lutheranern in Erfurt, die der Kirchenpolitik des preußischen Königs aus Gewissensgründen nicht folgen wollten. Friedrich Wilhelm III. hatte das lutherische und reformierte Bekenntnis in der unierten Kirche zusammengeführt. Johann Friedrich Möller versuchte zu vermitteln und mäßigend auf die Regierung einzuwirken, jedoch vergeblich.
1843 wurde Möller schließlich zum Generalsuperintendenten der Provinz Sachsen berufen und übersiedelte nach Magdeburger. Auseinandersetzungen mit geistigen Strömungen innerhalb des Protestantismus hatte er auch im neuen Amt zu bestehen. In seiner Kirchenprovinz, in Halle, hatten die sogenannten „Lichtfreunde“ ihr Zentrum, eine freireligiöse Gemeinschaft, die die Bibel als einzige gültige Norm des Christentums ablehnte. Während die preußische Regierung auf ein Verbot setzte, wollte Möller geistliche Überzeugungsarbeit leisten und geriet dabei zwischen alle Stühle.
Über diesen kirchlichen Rahmen hinaus, ist Möller nur einmal politisch aktiv geworden, und das auch nur auf Geheiß König Friedrich Wilhelm IV., der ihn 1850 in das sogenannte Erfurter Unionsparlament entsandte. Dieses nationale Parlament sollte nach der gescheiterten Revolution von 1848/49 in letzter Minute auf Betreiben Preußens und mit Unterstützung der gemäßigten Liberalen doch noch die Einheit Deutschlands auf einer Verfassungsgrundlage erreichen.
Möllers eigentliche Interessen lagen auf anderem Gebiet. So begrüßte er lebhaft die eben um jene Zeit spürbarer werdenden Aktivitäten der inneren Mission. Von seinen auf ein lebendiges Christentum zielenden Wirken zeugen überdies drei Sammlungen geistlicher Dichtungen und Lieder, die 1816, 1822 und 1852 erschienen sind. Verschiedene theologische Lehrschriften entstammen ebenfalls seiner Feder, darunter ein knapp 700-seitiges Werk zur Unterweisung in die zehn Gebote nach dem Katechismus Luthers. Er versuchte stets auf Argumente zu setzen und appellierte bei der Vermittlung des Christentums an die Vernunft seiner Zeitgenossen.
1858 legte Johann Friedrich Möller sein hohes Amt und das damit verbundene Pastorat am Magdeburger Dom schließlich nieder, weil er seine Kräfte schwinden fühlte. Am 20. April 1861 ist er in Magdeburg verstorben.
Karl-Eckhard Hahn