Veröffentlichung Pro und Contra Hähnchenmaststall im Heimatblatt 03-15
Dieser Brief aus Schwerborn hat unsere Redaktion erreicht. Da das Thema aktuell ist und auch uns Stotternheimer angeht, könnt ihr hier das Schreiben lesen.
Sehr geehrte Damen und Herren,
der Beitrag von Herrn Hans-Günter Hoyer im Heimatblatt ist leider recht tendenziell und beschönigend geraten, so dass es in Anbetracht der Auswirkungen einer solchen Intensivmastanlage dringend einer Vertiefung der Problematik und der Schärfung des Problembewusstseins bedarf.
Wer in dem Glauben zur „Informationsveranstaltung“ gekommen war, dass ein ortsansässiger Landwirt einen Stall mit artgerechter Tierhaltung betreiben will, wurde schnell eines Besseren belehrt. Schon bei der Projektvorstellung durch die Thüringer Landgesellschaft stellte sich heraus, dass eine Intensivmastanlage errichtet werden soll. Damit muss mit allen Problemen gerechnet werden, die der Betrieb einer solchen Anlage für fast 40.000 Tiere nach sich zieht.
Im Artikel wird leider völlig ausgeblendet, dass massive Bedenken zum Tierschutz und zur artgerechten Haltung vorgetragen wurden. Bei einer Besatzdichte von etwas unter 30 Tieren pro Quadratmeter kann von beidem keine Rede sein. Die Art der Haltung zieht zwangsläufig nach sich, dass Medikamente und Antibiotika eingesetzt werden müssen. Davor kann man zwar die Augen verschließen, aber man kann es nicht schön reden. Die Atmosphäre in diesen „Anlagen“ ist hochtoxisch und mit Keimen der gefährlichsten Art belastet. Durch den ständigen Luftaustausch, ohne den kein Tier die Schlachtreife erreichen würde, gelangen diese Keime in die Außenluft und können noch im Umkreis von 1000 Metern nachgewiesen werden. Da ist dann nahezu ganz Schwerborn betroffen, einschließlich Kinderspielplatz und Kita. Es kommt aber noch besser: der entstehende Tierkot, der 6 Monate lang auf den Feldern verteilt werden soll, gilt als besonders stabiler Träger der Keime. Um es noch einmal deutlich zu sagen: Man redet von MRSA, E.coli, Pseudomonas und anderen Erregern, vor denen die Medizin eindringlich warnt und die bis auf Wurfweite an die Wohnhäuser heranrücken. Das geht natürlich auch nicht am eigenen Garten vorbei! Was auf die Felder gelangt, landet auch im Grundwasser, welches wiederum die Erfurter Seen speist. Können Badende, Erholungssuchende, Wassersportler und Angler in Zukunft weiterhin unbedenklich ihrem Hobby nachgehen? Bleibt noch der Transportaufwand, den ein solches Projekt nach sich zieht. Rund 400.000 Tiereim Jahr müssen versorgt und entsorgt werden. Es muss Futter herangebracht werden, Kadaver und Kot werden weggeschafft, Küken angeliefert und schlachtreife Tiere fortgebracht und so weiter. Es stellt sich die Frage, wie das mit der ohnehin völlig überlasteten Verkehrsinfrastruktur funktionieren soll. Es ist zu vermuten, dass auch auf Stotternheim, das seit Jahren unter dem LKW-Durchgangsverkehr stöhnt, noch zusätzliche erhebliche Belastungen durch kontaminierte LKW-Transporte zukommen.
Wer nun wie Herr Hoyer der Meinung ist, dass Mastanlagen dieser Größe in den Medien „zu negativ“ dargestellt werden, der möge sich einmal anhand unabhängiger und seriöser wissenschaftlicher Untersuchungen informieren. Was er dort zu lesen bekommt, macht die Probleme nicht kleiner, im Gegenteil! Da mag die Thüringer Landgesellschaft noch so sehr Nebelkerzen werfen, so wird kein Vertrauen aufgebaut und Ängste, die auf langjährigen Erfahrungen beruhen, werden so erst recht nicht abgebaut.
Der Ortsteil Schwerborn leidet seit Jahren unter all den Lasten, die man ihm seitens des Landes und der Stadt aufbürdet. Dieser Zustand wird zu Recht beklagt. Allein, es ändert sich nichts, aber auch gar nichts.
Dass nun mit diesem fragwürdigen Projekt dem Ganzen noch die Krone aufsetzt werden soll und sich Anwohner dafür stark machen, ist schlicht unfassbar.
Hier kann man sich nicht nur ein gutes Stimmungsbild einfangen, sondern sich auch anhand vieler kluger Kommentare, wie dem einer Schwerbornerin, eine Meinung bilden:
„Im Moment wird an dieser Stelle idyllische Landwirtschaft betrieben. Die wenigen Schweine aalen sich in der Sonne im Stroh, die Hühner picken im Gras und die Hunde streunen über die Gasse.
Ich verstehe nicht, wie man jetzt auf die Idee einer solchen Anlage kommt. Das darf nicht passieren, die Region und damit unser Zuhause ist geschunden genug. Esst weniger Fleisch, Leute, dann kommt sowas gar nicht in Frage, nirgendwo.“
Mit freundlichen Grüßen
Matthias Jahn